Europäische Dorferneuerungsstudienfahrt 2015
21. bis 24. September 2015
Die Europäische ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung organisierte heuer zum 16. Mal eine Studienfahrt zu höchst interessanten Dorferneuerungs- und Landentwicklungsprojekten. Die Exkursionsziele lagen diesmal in Bayern, Deutschland, und zwar in der Oberfpalz, in Oberfranken und in Unterfranken.
Besichtigt und besprochen wurden sowohl überschaubare Maßnahmen in kleinen Orten wie auch umfassende LEADER-Projekte und integrierte ländliche Entwicklungskonzepte. Auch inhaltlich wurde ein breites Spektrum abgedeckt: Innenentwicklung und Umnutzung, Nahversorgung und regionale Wertschöpfung, soziale Maßnahmen für Frauen, Jugendliche, SeniorInnen und Miteinander der Generationen, kommunale Dienstleistungen und Kopplung von Ehrenamt und Lohnarbeit, Arbeitsplatzschaffung und Wirtschaftsbelebung, regenerative Energien, ländlicher Tourismus und interkommunale Zusammenarbeit. Im Fokus standen dabei innovative Antworten auf die Herausforderungen, die aus Klimawandel, landwirtschaftlichem Strukturwandel und demografischem Wandel erwachsen.
Die Europäische Dorferneuerungs-Studienfahrt 2015 ist ein Projekt der Kampagne European Rural Benefits & Innovations 2020 der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung und wird von der Europäischen Union, GD Landwirtschaft und Ländliche Entwicklung, gefördert.
Die Exkursion hat einerseits beispielhaft umgesetzte sichtbare Einzelprojekte vermittelt, andererseits aber auch wesentliche Einblicke in die Methoden von gemeindeübergreifenden Kooperationen gebracht. Damit wurde vor allem das für die Entwicklung ländlicher Räume immer wieder gegebene Spannungsfeld angesprochen: Die Gefahr für periphere Gebiete, im Sog der urbanen Räume durch Abwanderung auszubluten oder im Umland von unwirtlich empfundenen Städten mit zugezogenen Mitbürgern, die kein sonderliches Interesse am Gemeindeleben zeigen, zur „Schlafgemeinde“ zu werden. Beides schafft Probleme. Zweierlei ist vor dem Hintergrund der Bemühungen der Kommunen, gleichwertige (nicht gleichartige) Lebensbedingungen zu schaffen, deutlich geworden:
– Zunehmend gibt es Probleme, gegebene Herausforderungen innerhalb einer Gemeinde zu lösen. Neue Infrastrukturen (alternative Energie, Breitband, usw.), touristische Angebote und Attraktionen, Leerstandsproblematik mit Innen- oder Siedlungsentwicklung, Freizeiteinrichtungen, Bildungsangebote und anderes mehr sind von einzelnen Gemeinden nicht mehr zu bewältigen. Das geht sinnvollerweise nur mehr in größeren kommunalen Zusammenschlüssen.
– Auf der anderen Seite erscheinen der Zusammenhalt und die Identifikation in der kleineren Einheit als besonders wichtige Faktoren, der sich sichtbar in oft erstaunlich hohem ehrenamtlichem Engagement manifestiert. Das sollte nicht als „Vereinsmeierei“ abgetan werden. Darin stecken nicht nur große ökonomische Vorteile, hier geht es grundsätzlich um einen anderen Lebensstil als das meist anonyme Nebeneinander in der Stadt. Zerschlägt man diese Einheiten etwa durch Gemeindezusammenlegungen, geht sowohl ökonomisch als auch sozial entscheidendes verloren. Und auch politisch: Bürgermeister haben in überschaubaren Kommunen in aller Regel einen sehr guten Kontakt zu ihren Bürgern. Ihr Handlungsfeld betrifft jene Probleme, die vor der Haustüre der Bürger liegen. Je größer die Kommunen werden, umso mehr besteht die Gefahr, dass auch auf Gemeindeebene die Entfernung zu den regionalen Entscheidungsträgern wächst.
Durch die besuchten Projekte konnten beide Gesichtspunkte demonstriert und mögliche Lösungen gezeigt werden. Der Bogen hat sich dabei sehr weit gespannt:
– Kollersried als kleiner Ort mit 200 Einwohnen innerhalb der Stadt Hemau mit über 8000 Einwohnern und 66 Ortsteilen, wo das Dorf wie eine Familie erscheint und sogar die kleine Dorfkirche dem örtlichen Kulturverein gehört. Wo aber auch der Bürgermeister der Stadt die Aktivitäten massiv und offensiv unterstützt.
– Interkommunale Allianz Oberes Werntal mit 10 Gemeinden und 51.000 Einwohnern wo die 10 Bürgermeister nicht nur die oft sehr schwierige gemeinsame Entscheidung für gemeindeübergreifende Projekte suchen, sondern über die eigene Kommune immer wieder hinaus denken mussten. Jeder der 10 Bürgermeister war für ein bestimmtes Themenfeld zuständig – aber immer für alle 10 Gemeinden: Dorf-/Innenentwicklung, Wirtschaft, Energie, Kultur, Gesundheit, Naherholung/Freizeit, Familienfreundlicher Wohnort, Marketing & Öffentlichkeitsarbeit, Interkommunale Zusammenarbeit, Landnutzung.
Es konnten nicht nur tolle Beispiele, sondern auch viele unterschiedliche Methoden und Herangehensweisen gezeigt werden.